Jellinek-Mercedes, Fernand Raul

Person/Körperschaft

Identifier/Permalink:
Entity 578
Address:
Wienerstrasse 41 41, Baden bei Wien (Österreich)

Tätigkeit/Titel/Branche:
Schriftsteller
Geburt: 1883 in Algier
Tod: 2. Februar 1939 in Baden bei Wien
Identifikation Person/Körperschaft: ja
NS-verfolgt: ja
Eigentümer: ja
Notiz: Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien
PROVENIENZFORSCHUNG an der Ub MedUni Wien: Durchgeführte Restitutionen 2012
aus dem Restitutionsdossier Nr. 3 (Kurzfassung) von Dr. Walter Mentzel (03.April 2013):
Raoul Fernand Jellinek-Mercedes wurde am 18. Juni 1888 in Algier geboren und war laut seiner Angabe bei der Vermögensverkehrsstelle Schriftsteller. Jellinek-Mercedes lebte in Baden bei Wien/Niederösterreich, Wienerstrasse 41. Er war mit Leopoldine Jellinek, geb. Weiss verheiratet. Sein Vater Emil Jellinek war Sohn des jüdischen Gelehrten Adolf Jellinek und seiner Frau Rosalie geborene Bettelheim. Er war in erster Ehe verheiratet mit Rachel Goggmann Cenrobert und hatte mit ihr die Kinder Adolph, Fernand und Adrienne Manuela Ramona (Mercedes). In zweiter Ehe war er verheiratet mit Henriette Engler (Anaise Jellinek). Sie hatten die Kinder Alain Didier, Guy, René und Andrée (Maya).
Emil Jellinek war Geschäftsmann und Berater der Daimler-Motorengesellschaft, nach dessen Tochter Adrienne Manuela Ramona Jellinek (Mercedes), das gleichnamige Automobil benannt wurde. 1907 wurde Jellinek österreichisch-ungarischer Generalkonsul und kurze Zeit später Konsul von Mexiko. Seit 1909 fungierte er als Leiter des österreichisch-ungarischen Konsulats in Monaco.
Raoul Fernand Jellinek-Mercedes lebte im Jahr 1938 in Baden bei Wien. Neben einer reichen Musikaliensammlung besaß er eine Gemäldesammlung und eine reichhaltige Bibliothek. Seine wertvollen Mobilien sowie Kunst- und Buchbestände weckten die Begierden der Nationalsozialisten. Im Juli 1938 wurde er aufgefordert seine Vermögensverhältnisse der Abteilung „Vermögensanmeldung“ der Vermögensverkehrsstelle im Ministerium für Arbeit und Wirtschaft, entsprechend der „Verordnung über die Anmeldung des Vermögens von Juden vom 18. Mai 1938 (GBl. für Österreich Nr. 139/1938)“ bekannt zu geben. Jellinek-Mercedes unternahm darauf umfangreiche Nachforschungen, um Dokumente über seine „jüdische Abstammung zweiten Grades“ zu erbringen.
Diese scheiterten jedoch aufgrund seiner Geburt in Algier im Jahr 1883, da die dort ausgestellten französischen Dokumente keine Eintragungen zum Religionsbekenntnis enthielten. Nachdem er mehrmals auf diesen Umstand aufmerksam machte, wurde ihm weiterhin beschieden, dass, solange er nicht seine nichtjüdische „Abstammung“ nachweisen könne, er und sein Vermögen weiter „als jüdisch“ gelten würden. Monatelang war Jellinek-Mercedes gezwungen sein Privatvermögen durch Notverkäufe – unter anderem seine Bibliothek an Buchhändler und Antiquare – zu veräußern. Zuletzt belehnte er sein Haus der bei Stadt Baden bei Wien. Am 10. Februar 1939 beging Jellinek-Mercedes aufgrund des Druckes durch die Gestapo und der „Vermögensverkehrsstelle“ in Baden bei Wien Selbstmord.
(...)
Weitere Hinweise zum Raub und den unter Druck vorgenommenen Veräußerungen der Privatbibliothek der Familie Jellinek-Merceds, gab die Ehefrau von R. F. Jellinek-Mercedes, Leopoldine Jellinek-Mercedes rückblickend auf die von ihr getätigte „Judenvermögensabgabe“, im Oktober 1958 gegenüber dem Bundesministerium für Finanzen der Republik Österreich an: „Am 10. Februar 1939 erschoss sich mein Gatte nach einer Amtshandlung des Vollstreckungsbeamten. Mein Gatte stand vor der Verhaftung. Ich musste nach meinem Gatten an Judenvermögensabgabe 32.000.- RM bezahlen. Um diese enorme Summe aufzubringen musste ich die überaus kostbare Bibliothek, die einzugartige Partitursammlung und mein Grundstück in Baden, Germergasse 26, ferner Schmuck und fünf sehr wertvolle Perserteppiche, weit unter dem Wert veräußern und )sic) die Sühneabgabe, „Juva“ von 32.000 RM zu leisten“. Der von Leopoldine Jellinek-Mercedes Mai 1962 – nach der Schaffung von „Auffangorganisationen“ zur Sammlung entzogenen Vermögens – angestrengte Rückstellungsantrag wurde im August 1962 aufgrund ihrer nicht fristgerechten Einreichung des Antrages abgewiesen. vgl.: http://ub.meduniwien.ac.at/blog/?p=15563#sthash.xde9dIQ7.dpufane
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